Schwangerschaft

Wie gut gemeinte Ratschläge das Gedankenkarussell anstoßen…

2. April 2016

Wenn der erste Euphorie-Schub über den positiven Schwangerschaftstest langsam verklungen ist, beginnt auch schon das Gedankenkarussell. Es gilt unzählige Dinge zu beachten, die einem vorher irgendwie niemand gesagt hat und kaum hat man in der Not Dr. Google zu der einen oder anderen Frage konsultiert, klickt man sich auch schon von einer Horror-Story zur nächsten und möchte am liebsten gleich den nächsten Termin beim Gynäkologen vereinbaren (was man in mindestens drei von vier Fällen vermutlich auch tut…). Außerdem wartet plötzlich ein unendlicher Fundus an gut gemeinten Ratschlägen auf einen – Schwangerschaft ist anscheinend ein Thema, zu dem nicht nur jeder eine Meinung hat, sondern sie auch großzügig kundtut. Umso schwieriger ist es, sich von Anfang an darauf zu besinnen, was man selber eigentlich will und sich für Entscheidungen die nötige Ruhe und Zeit zu nehmen.

Eines der ersten Themen, das bei mir das Gedankenkarussell angeworfen hat war die Frage, welche pränatalen Untersuchungen wir wahrnehmen wollen und warum. Mein Arzt klärte uns bereits beim zweiten Termin in der 8. Woche darüber auf, was alles möglich sei – von der Fruchtwasseruntersuchung bis hin zu neuartigen Bluttests bei denen über das Blut der Mutter mögliche Chromosomen-Veränderungen des Kindes diagnostiziert werden können. Wegen der vorangegangenen Fehlgeburt dachten wir vermutlich etwas länger darüber nach, welche Maßnahmen wir ergreifen wollten, entschlossen uns aber dann zunächst einmal auf alles zu verzichten, was ein Risiko für unser Baby bedeutet hätte (wie beispielsweise die Fruchtwasseruntersuchung, die in etwa 1% der Fälle eine Fehlgeburt auslösen kann). Außerdem empfahl uns auch der Doc nicht aus Panik zu tief in die Trickkiste zu greifen, war das Risiko einer Erkrankung rein statistisch doch ziemlich klein. Also entschlossen wir uns nur dazu, im Rahmen des Erst-Trimester-Screenings zu Beginn der 14. Woche (13+0) auch die Nackenfaltenmessung vorzunehmen: Per Ultraschall wird die Dicke der Nackenfalte gemessen, was wiederum in Kombination mit einem Bluttest Auskunft darüber gibt, wie hoch das Risiko ist, dass das Baby an einer Form der Trisomie erkrankt ist. Ist der Befund auffällig, zieht er weitere Untersuchungen nach sich und liefert ohnehin nur eine Wahrscheinlichkeit, keine Gewissheit. 

Unsere Entscheidung diskutierten wir nicht mit Familie oder Freunden, sondern sprachen nur beiläufig darüber, wenn das Thema darauf kam. Trotzdem waren die Reaktionen sehr unterschiedlich: Einige Freundinnen die bereits mehrere Schwangerschaften hinter sich hatten, berichteten wie selbstverständlich von ihren Erfahrungen, aus der Familie kam die Frage, was wir denn im Falle eines auffälligen Befundes tun wollten und eine andere Freundin (ebenfalls schwanger) ließ mich wissen, dass man sich aus ihrer Sicht nur für diese Untersuchung entscheide, wenn man im Falle eines auffälligen Befundes eine Abtreibung favorisiere. Ich war von so vielen Meinungen ziemlich überrollt und sah mich plötzlich doch in der Position, unsere Entscheidung verteidigen zu müssen, obwohl sie eigentlich niemanden etwas anging. Immer wieder hörte ich mich sagen, dass wir uns auf ein Kind mit einer möglichen Behinderung gern vorbereiten würden und uns deshalb für diese Untersuchung entschieden hätten. Doch je mehr ich argumentierte, desto unwohler fühlte ich mich eigentlich – warum musste ich unsere Entscheidung überhaupt rechtfertigen?

Die Untersuchung schließlich lief problemlos ab und war letztendlich komplett unauffällig. Darüber waren wir natürlich sehr erleichtert, gleichzeitig aber war das größte Learning für mich etwas anderes: Ab sofort werde ich bei allen gut gemeinten Ratschlägen auf Durchzug schalten und mich nur dann auf eine Diskussion einlassen, wenn ich selbst darum gebeten oder um Rat gefragt habe. Es gibt auf alle diese Fragen, die sich einem während der Schwangerschaft und später in der Erziehung stellen keine Antwort die richtig oder falsch ist. Es gibt unzählige Wege ans Ziel und jeder sollte ganz für sich allein bzw. mit dem Partner entscheiden, was sich für sie gut anfühlt. Der einzige Rat, den ich also allen Mit-Schwangeren auf den Weg geben möchte ist folgender: Hört auf Eure Intuition, bildet Euch eine eigene Meinung und trefft Eure ganz eigenen Entscheidungen – unabhängig davon, welche Ratschläge oder Erfahrungen Euer Umfeld Euch mitgeben möchte.

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