Alltag mit Baby

Mutterliebe, Mutterglück?!

20. Juli 2016

Meine Mutter erzählt immer mal wieder, dass ich angefangen habe andere Kinder umherzutragen als ich gerade selber laufen konnte. Sie will damit meine große Liebe zu Kindern deutlich machen, die mich begleitet, seit ich ein kleines Mädchen bin. Babies haben mich immer fasziniert und für mich war immer klar, dass ich eigene Kinder möchte. Nachdem ich viele Jahre als Babysitterin für die unterschiedlichsten Babies und Kinder gejobbt habe, hatte ich auch nie Zweifel daran, dass ich eine gute Mutter sein würde.

Als wir uns dann dazu entschlossen, es zu probieren und ich dann auch ziemlich schnell schwanger wurde, war die Freude entsprechend groß. Wir mussten auf dem Weg zwar einen herben Rückschlag hinnehmen, aber letztendlich klappte es trotzdem schnell und die Schwangerschaft verlief weitestgehend problemlos. Als wir uns am 9. Mai gegen 2 Uhr nachts auf den Weg in den Kreißsaal machten, konnte ich noch nicht glauben, dass wir unsere Wohnung das nächste Mal mit diesem kleinen neuen Menschlein betreten würden. 

PDA, der Liebestöter?

Unter der Geburt entschied ich mich für eine PDA, die auch unmittelbar und sehr stark anschlug: Quasi noch während sie mir gespritzt wurde, ließ der Wehenschmerz schlagartig nach und ich spürte nichts mehr. Das verschaffte mir eine Atempause, die ich gut gebrauchen konnte. Gleichzeitig sorgte sie aber wohl auch dafür, dass der Oxytocin-Schub den Frauen während der Geburt haben weniger stark ausfiel als ohne PDA. Und Oxytocin ist auch bekannt als das Bindungs- oder Liebeshormon, das dabei hilft, das Mutter und Kind sich nach der Geburt gleich ineinander verlieben. Als unser kleiner Wirbelstern dann plötzlich vor mir lag, überwog bei mir ein Gefühl der Verwunderung und die Faszination über dieses kleine, rothaarige Bündel. Anders als ich es erwartet hatte, war mir nicht nach Weinen (vor Glück) zu Mute und ich wurde auch nicht von einer Mutterglück-Welle überrollt. Das wiederum verunsicherte mich schon ziemlich bald, denn es widersprach komplett meinen Vorstellungen und Erwartungen, die ich an meine neue Rolle hatte.

Es ist ok, wenn die Liebe Zeit braucht zu wachsen

Im frühen Wochenbett stieg in mir die Panik, dass ich eine Wochenbett-Depression entwickeln würde und nicht in der Lage wäre, meinen kleinen Stern anzunehmen und so sehr zu lieben wie ich es eigentlich wollte. Ich musste mir eingestehen, dass ich eine viel engere Bindung zum Wirbelstern-Papa als zum Baby selbst hatte und das machte mich gleichzeitig total fertig, weil ich es anders wollte. Damit stieg der Druck, den ich mir selbst machte und setzte einen kleinen Kreislauf in Gang. Zum Glück hat unser kleines Sternchen den tollsten Papa der Welt, der schnell merkte, was mich umtrieb. Wir sprachen viel über unsere neuen Rollen und ich vertraute ihm offen an, wie es um meine Mutterliebe stand. Und er verurteilte mich nicht, sondern machte mir Mut und versprach mir, dass das alles mit der Zeit besser werden würde. Schließlich ist das Wochenbett auch dazu gedacht, sich von der massiven Hormonumstellung zu erholen, die ein ganz schön böses Spiel mit den frischgebackenen Mamas treiben kann. 

Er behielt natürlich Recht: Mit jedem Tag und jeder Woche die verging, merkte ich, wie meine Gefühle für unser Baby wuchsen. Aus der anfänglichen Zuneigung und dem Verantwortungsgefühl für dieses kleine Wesen wurde und wird eine immer tiefere, selbstlose Liebe. Dieser Prozess ist sicherlich noch nicht abgeschlossen, aber schon jetzt (10 Wochen nach der Geburt) kann ich mir nichts mehr vorstellen, was ich für meinen kleinen Wirbelstern nicht tun würde. Und das ist auch gut so, denn es macht uns beiden das Leben leichter. Wissenschaftler haben heraus gefunden, dass die Natur die Mutterliebe „installiert“ hat, damit sich Schlafmangel und all die anderen Opfer, die man als Neu-Mama bringen muss, gut ertragen lassen (s. hier). 

Hilfe bei Wochenbett-Depression

Ich bin froh, dass ich von einer Wochenbett-Depression verschont geblieben bin, allerdings hatte ich auch ein Umfeld, das mich aufgefangen und bestärkt hat und das sofort Alarm geschlagen hätte, wenn ich wirklich Anzeichen einer Depression gezeigt hätte. Darüber wurde auch im Geburtsvorbereitungskurs viel gesprochen und auf mögliche Hilfe hingewiesen. 

Es ist völlig normal, wenn nicht jede Frau sofort nach der Geburt eine überschäumende Liebe zu ihrem Kind entwickelt – wie auch in meinem Fall kommt die früher oder später von ganz alleine. Aber wer daran zweifelt oder starken Stimmungsschwankungen unterliegt und auch nach einiger Zeit sein Kind nicht annehmen kann oder will, der sollte sich Hilfe holen, beispielsweise bei der Wochenbettdepression-Hotline oder natürlich über die Hebamme.

 

Auf dem Foto kuscheln wir auf dem Sofa an einem heißen Sommertag, das Wirbelsternchen ist da knapp sieben Wochen alt.

You Might Also Like

No Comments

Leave a Reply